In einer nachdenklichen Stimmung sollte man vielleicht nicht über die Buchmesse bloggen. Oder vielleicht gerade doch? Ich mache es jetzt einfach. Garniert mit etwas Frust … und Hoffnung auch.
Gerade scrolle ich so durch Instagram – und klar, in der Buch-Bubble sind viele auf der Buchmesse. Ich sehe Selfies von Treffen, viele Bücher, alles wirkt bunt. Natürlich täuschen die Sozialen Medien. Niemand schreibt im Buchmessen-Posting über die Bücher, die nach kurzer Zeit verramscht werden. Über das fehlende Marketing für manche Titel. Oder über die Ideen, die leider überhaupt nicht in den Markt passen.
Und natürlich ist die Buchmesse auch genau das, was man auf Insta & Co. sieht: bunt und voller Kontakte, über die man sich freut. Genau deshalb fährt man ja hin: nicht nur um Bücher zu sehen und Veranstaltungen zu erleben, sondern um Menschen aus der Branche zu treffen.
Messe-Melancholie
Trotzdem hat mich die Messe in diesem Jahr auch melancholisch zurückgelassen. Ich war am Mittwoch dort. Noch nie war ein Messe-Mittwoch so leer wie dieser, so mein Eindruck. Als ich ankam, kamen Leute mit Maske über die überaus breiten Gänge der Kinderbuchhalle (im letzten Jahr haben sich wohl viele mit Corona angesteckt). Und da hatte ich urplötzlich ein Pandemie-Gefühl, wobei die Messe 2022 irgendwie eine Aufbruchstimmung hatte, obwohl weniger Verlage an Bord waren.
Auffallend fand ich: Viele kleine Verlage waren nicht auf der Messe oder waren an großen Gemeinschaftsständen. Oder sie sind ohnehin inzwischen unter dem Dach einer großen Marke, mit ein paar eigenen Regalbrettern. Die Konzentration in der Branche ist spürbar. Das passt auch dazu, dass es vielen kleinen Verlagen in diesen Krisenzeiten nicht gut geht. Ich bin mir sicher: Wenn es nicht bald eine strukturelle Verlagsförderung gibt, wird es die Verlags-Vielfalt, die ich so schätze, bald in der Form nicht mehr geben. Da es Themen gibt, die nur in Buchnischen stattfinden, hat das auch gesellschaftliche Auswirkungen.
Umso froher war ich über die Veranstaltungen auf der Leseinsel der unabhängigen Verlage. Davon habe ich mir einige gegönnt. Besonders spannend fand ich die Veranstaltung zur Auszeichnung „Bayerns bester Independent Bücher 2024“: spannende Titel aus inspirierenden unabhängigen Verlagen, die allesamt Verlagsprämien bekommen haben.
Buch-Begegnungen
Unterm Strich war es auch für mich persönlich ein guter Messetag: Vormittags hatte ich Verlagstreffen, u.a. war ich beim Lingen-Verlag, für den ich regelmäßig arbeite, und habe die Edition Pastorplatz besucht, die schöne Heimat dreier meiner Bücher. Ich habe die Verlegerin von Hentrich & Hentrich kennengelernt, wo Ende des Jahres eine Zeitzeuginnenbiografie für Kinder erscheinen wird. Diese habe ich für die Begegnungsstätte „Alte Synagoge“ Wuppertal geschrieben, die auch den Verlagskontakt hatte, sodass das Kinderbuch ein Verlagsbuch werden kann. Zu guter Letzt konnte ich eine weitere Verlegerin treffen, für eine neue, ganz andere Idee. Ich bin gespannt, was daraus wird, und kann einen Daumen gebrauchen.
Am Nachmittag habe ich dann hintereinander mit mehreren Kolleginnen Kaffee getrunken. Auch das war sehr schön.
Die Zugverspätung auf der Heimfahrt hätte es aber nicht gebraucht, liebe Deutsche Bahn – ich war auch so schon ziemlich erschöpft.
Fotos: Andrea Behnke