Dass ich in der Nacht vor meiner Fahrt zur Buchmesse vom Meer geträumt habe, ist wahrscheinlich mehrfach zu deuten: Vielleicht stand der Traum für die Flut an Büchern, die man in Frankfurt sieht. Oder für die Sehnsucht nach Ruhe nach einem rummeligen Messetag. Wer weiß.
In diesem Jahr meinte es die Deutsche Bahn gut mit mir: Ich kam ohne Verspätung an und hatte somit tatsächlich, wie geplant, einen ganzen Tag vor mir. Den habe ich gut gefüllt: mit schönen Terminen bei Verlagen und mit Kolleginnen-Treffen.
Schön war, dass ich auch in den Gängen immer mal bekannte Gesichter sah und kurze Pläuschchen hielt, oft auch mit Menschen, die ich bisher nur online kannte (hier zahlt sich ein „authentisches Foto“ tatsächlich aus). Diese Begegnungen mit „Buchmenschen“ machen für mich die Messe aus.
Ich war fast ausschließlich in den Hallen 3 und 4 unterwegs. Die Stände der Riesenverlage meide ich meistens. Dort mitzubekommen, wie oftmals Stapel gleicher Bücher präsentiert werden, zig Plakate mit ein- und demselben Autor aufgehängt und Regale mit den kommenden Bestsellern gefüllt sind, finde ich nicht so spannend. Diese Bücher werde ich bald auch auf den Tischen in den Buchhandelsketten sehen.
Interessanter finde ich es, meine Zeit zu nutzen, um Neues zu entdecken. Neue Verlage, kleine ambitionierte Editionen oder echte Buchkunst. Daher genieße ich es auch immer, durch die Halle der unabhängigen Verlage zu schlendern. Aber auch in der Kinderbuchhalle finden sich immer wieder Buchperlen. Auffallend allerdings: Non-Book-Artikel haben zugenommen, so mein Empfinden. Oder ich habe früher Stände mit Pummel-Einhörnern einfach nur übersehen? Vielleicht ist das Spielzeug auch das neue Buch …
Ebenfalls ins Auge gefallen sind mir die Illustratoren-Sprechstunden, die in diesem Jahr scheinbar alle Verlage auf den Donnerstag gelegt haben. Natürlich gab es das auch in den Jahren zuvor schon, aber dass an so vielen Ständen derart lange Schlangen von Menschen mit Portfolio-Mappe waren, war bemerkenswert. Beim Mittagessen traf ich eine Illustratorin, die sich das Warten mit einer Kollegin teilte: Während die eine die Stellung hielt, konnte die andere essen – und umgekehrt.
Für Jobs buchstäblich Schlange stehen. Das führt den engen Buchmarkt doch sehr drastisch vor Augen. Ich verstehe die Verlage, die die Gunst der Stunde nutzen und sich möglichst viele Zeichnerinnen und Zeichner in kurzer Zeit angucken können. Für viele ist das sicher eine Chance – für andere ist so ein Tag auch frustrierend.
In dem Moment war ich froh, dass die Autor/innen-Schlange nur virtuell ist. Und dass die Lektorinnen, die ich getroffen habe, vorher einen Termin mit mir gemacht und dann auch Zeit für mich hatten.
Foto: Andrea Behnke