Die Reichspogromnacht. Jene unvorstellbare Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, in der Nazis jüdische Geschäfte und jüdische Einrichtungen zerstörten und ausplünderten und in der die Synagogen in Brand gesteckt wurden.
Diese Nacht kommt auch in meinem Kinderroman „Die Verknöpften“ vor. Liselotte kauert hinter dem Vorhang des Stoffgeschäfts ihrer Eltern und bekommt alles mit.
Ein kleiner Auszug aus dem Kapitel:
„… Papa wirkt klein und dünn. Und viel älter als noch am Abend. Tiefe Falten zerfurchen sein Gesicht. Er schiebt sich die Haare, die ihm in die Augen gefallen sind, zurück. Dann legt er dem Mann beruhigend die Hand auf den Arm.
‚Verdammter Jude! Pack mich nicht an!‘, brüllt der Mann los.
Er schiebt Papas Hand weg und spuckt auf den Jackenärmel. So, als wollte er Papas Berührung wegwischen.
Mama zieht Papa zurück. Sie bleibt stumm. Wie die Anziehpuppe, die als schweigende Zeugin in der Ecke steht.“
Wir müssen wachsam bleiben. Auch heute, im Jahr 2021.
Illustration: Inbal Leitner